Toleranzgespräche 2024 – Seit vergangenen Mittwoch, (15. Mai) laufen die 10. Europäischen Toleranzgspräche mit einem Ethikforum in Villach. Bis 18. Mai versuchen Denker:innen aus unterschiedlichsten Disziplinen und Perspektiven, aktuell propagierten Wahrheiten und Fakes auf den Grund zu gehen. Im Mittelpunkt stehen heuer die Europawahl und die vielfältigen Versuche, diese mit Desinformationskampagnen zu beeinflussen.
Die aktuelle Kausa Lena Schilling zeigt, wie problematisch derzeit das Verhältnis zwischen Lüge, Wahrheit und Wirklichkeit geworden ist. Und nicht zuletzt der vom faschistischen Putin-Russland begleitete Propagandafeldzug des Völkermordkrieges macht deutlich, wie schwer es selbst für Profis ist, Propaganda und Realität auseinanderzuhalten. Mehr als 30 Expert:innen aus Philosophie und Literatur, Wirtschaft und Wissenschaft liefern aktuell im Rahmen der 10. Toleranzgespräche Debattenbeiträge zur Frage, warum sich die öffentliche Diskussion in zunehmendem Maße mit Falschinformationen, Gerüchten und Unwahrheiten auseinandersetzen muss. Wer steckt hinter diesen Destabilisierungsversuchen? Wer befeuert den Extremismus? Und was sind die Gründe dafür, dass das Vertrauen in Demokratie, Politik und Medien zunehmend abnimmt?
Toleranzgespräche – Wahrheit – Was ist wirklich?
Unter dem Motto „Wahrheit – Was ist wirklich?“ beschäftigen sich die Toleranzgespräche im Kärntner Bergdorf Fresach vom 15. bis 18. Mai 2024 mit den anhaltenden Versuchen demokratiefeindlicher Kräfte, die Stimmung aufzuheizen und durch Fake News und alternative Fakten zu spalten. Das geschieht ganz offen durch menschenrechtsfeindliche Parolen und versteckt durch KI-gesteuerte Social-Media-Kampagnen.
Gestern – Ethikforum im Bambergsaal Villach
Zum gestrigen Auftakt der Toleranzgespräche in Villach bat ORF-Moderatorin Renata Schmidtkunz die tschechische Autorin Radka Denemarková zum Gespräch. Die streitbare Literatin hat darüber berichtet, dass Freiheiten und Wahrheiten, die für uns geradezu selbstverständlich beansprucht werden – nämlich Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit, Reisefreiheit, individuelle Entfaltungsmöglichkeiten und die universalen Menschenrechte – in Autokratien und Diktaturen, ja in vielen Ländern der Erde, gar nicht alltäglich oder selbstverständlich sind.
Heute – Europaforum zu Wahrheit und Wirklichkeit
Die Eröffnung des Europaforums in Fresach heute hat die junge Autorin Evelyn Bubich (What’s wrong with the World: Was ist los mit der Wahrheit?) und dem versierten Journalisten und Falter-Herausgeber Armin Thurnher bestritten (Die ganze Wahrheit: Perspektiven für eine neue Medienordnung). Im Anschluss stehen Panels zur Europawahl (Was Populisten wollen und wie sie die Wirklichkeit vernebeln) und zur Abwehr von Desinformation und Manipulation (Wie mit modernen Technologien manipuliert wird) auf dem Programm.
Toleranzgespräche – Das Who is Who der Politik-Medien
Unter den Gästen sind bekannte Namen aus der Medienbranche, so unter anderem Politico-Chefredakteur Matthew Karnitschnig, NEWS-Herausgeber Horst Pirker, Radiomacher Udo Bachmair und die frühere Chefredakteurin der Kleinen Zeitung, Antonia Gössinger. Mit dabei sind außerdem die Autorin Julya Rabinowich, der Demokratieforscher Günther Ogris, der Medienforscher Fritz Hausjell und die Philosophinnen Larissa Kreiner, Alice Pechriggl und Claudia Paganini. Donnerstag abend wird ebendort der Toleranzpreis 2024 der Stadt Villach vergeben.
Morgen – Wirtschaftsforum zu den Kosten der Wahrheit
Das Wirtschaftsforum in Fresach wird mit einem Gespräch des großen Berliner Psychologen und Risikoforschers Gerd Gigerenzer über den „Umgang mit der Ungewissheit“ eröffnet, gefolgt von einem Dreier-Gespräch mit dem EU-Insider und Autor Hatto Käfer mit dem Wiener Wirtschaftstreuhänder Alfred Brogyányi über die Kosten der Wahrheit und wie der nachhaltige Umbau der Wirtschaft gelingen kann.
Toleranzgespräche – Glaubwürdigkeit der Wissenschaft
Später spricht der Informatik-Philosoph Peter Reichl über die „Wahrheit der Digitalisierungsmaschinen“, gefolgt von einem Panel über die Chancen & Risiken moderner Technologien. „Kärnten in echten Daten und falschen Fakten“ präsentiert Volkswirtschafter Norbert Wohlgemut, im Anschluss daran diskutiert er mit Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle, NRAbg. Peter Weidinger und Ministerialrat Markus Pasterk über den „Umgang mit Statistiken und anderen Märchen“ – d.h. über die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft im politischen Betrieb. Den Abschluss der Toleranzgespräche 2024 machen morgen junge Poetry Slammer:innen im Toleranzmuseum. Samstag vormittag treffen sich die anwesenden Vortragenden mit dem Publikum beim Gasthof zum Wirt, um das Gesehene und Gehörte zu reflektieren und Ideen für die kommenden Toleranzgespräche 2025 auszutauschen.
Europäischen Toleranzgespräche in Kürze
Die Toleranzgespräche finden seit 2015 alljährlich zu Pfingsten statt und behandeln gesellschaftliche Entwicklungen und politische Bildung zu Fragen der sozialen Integration, Demokratie und Menschenrechte. Die Gespräche haben ihren Ursprung in den Fresacher Schriftstellertagungen, die von 1972 bis 1996 unter der Ägide des Kärntner SchriftstellerInnenverbands (KSV) stattfanden. Der Veranstalter der Gespräche, Denk.Raum.Fresach, erhielt den Europastaatspreis 2024 in der Kategorie „Europa in der Gemeinde“ und 2017 den Menschenrechtspreis des Landes Kärnten.