SCHIENENPARTNERSCHAFT – So etwas bekommst Du heute nicht mehr

Schienenpartnerschaft – Seit 30 Jahren arbeiten Österreichs ältestes Logistikunternehmen, Gebrüder Weiss (GW), und die ehemalige Cargo-Sparte der ÖBB, die Rail Cargo Austria (RCA), zusammen. Im Nachtsprung transportieren die Partner dabei Waren verschiedenster Art zwischen Wien und Bludenz auf der Schiene. Heute würde man so einen “Cargo Night Jet” mangels Trassenführung nicht mehr in dieser Form aufbauen können. Der Grund liegt vor allem in der politischen Prioritäten-Setzung, welche dem Personenverkehr (ÖPV) priorisiert, war man sich beim heutigen Festakt zum Jubiläum einig. 

Schienenpartnerschaft – W. Senger-Weiss: “Es (Anm.: der Transportmarkt) war schon einmal lustiger.” (Foto: RS MEDIA WORLD archive)
Schienenpartnerschaft – W. Senger-Weiss: “Es (Anm.: der Transportmarkt) war schon einmal lustiger.” (Foto: RS MEDIA WORLD archive)

Vor dreißig Jahren sah die Cargo-Welt auf der Schiene noch etwas anders aus. Damals war die ÖBB noch ein Staatsbetrieb. Überhaupt waren die Bahnen in Europa noch nicht privatisiert. Ein grenzübergreifender Wettbewerb, insbesondere mit dem Straßengüterverkehr und/oder der Binnenschifffahrt, fand nur bedingt statt. Zudem war Österreich gerade erst der EU beigetreten, sodass das Transportaufkommen auf der Schiene der damaligen Zeit keinesfalls mit dem von 2023 vergleichbar wäre. In den letzten drei Jahrzehnten traten zudem die osteuropäischen Nachbarstaaten der EU bei. Von dieser “Osterweiterung” hat insbesondere Österreich überproportional profitiert. Von dieser Entwicklung profitierte die Schiene als Verkehrsweg. Die erbrachte Transportleistung auf der Schiene stieg stetig, obgleich der Modal Split-Anteil der Bahn stets um die 30 Prozent schwankte (Quelle: Statistik Austria) nahezu konstant blieb. Die Schienenpartnerschaft zwischen Gebrüder Weiss und der RCA, die vor 30 Jahren geschlossen wurde, zahlte sich also für beide Unternehmen bis heute aus.  

Die Transportbranche steht unter Druck 

Heute steht die Transportbranche jedoch unter massivem Druck. Obgleich die Transportbranche in den Jahren vor Corona und auch noch während der Pandemie satte Gewinne einfahren konnten, hat sich das Blatt seit dem Beginn des Krieges des faschistischen Putin-Russland gegen die demokratische Ukraine am 24. Februar 2022 beinahe um 180 Grad gedreht. So sind die Kosten für die Unternehmen in den letzten zwei Jahren geradezu explodiert. Energiekosten, Wegekosten und Lohnkosten gehören hierbei zu den Hauptkostentreibern. Gleichzeitig sinkt das Frachtaufkommen aufgrund des Vernichtungskriegs Russlands gegen die Ukraine. “Der Fachkräftemangel ist heute allerdings kein Thema mehr”, sagt hierzu Christoph Grasl, MOB der Rail Cargo Group gegenüber den Medien. Dieser trat kurzfristig auf, weil eine große Zahl männlicher Fahrzeuglenker und Matrosen aus der Ukraine für den Wehrdienst der Ukraine eingezogen wurden. Heute macht sich hauptsächlich die Rezession der Industrie innerhalb der EU bemerkbar, insbesondere in Hinblick auf die Industriestandorte Deutschland und Österreich. Hinzu kommen politische Spannungen mit der VR China, gepaart mit deren internen wirtschaftlichen Problemen des Riesenreiches. Der Welt-Wirtschaftslokomotive aus Asien geht angesichts seiner Immobilienkrise und finanziellen Problemen die Puste aus. “Es war schon einmal lustiger”, kommentiert Wolfram Senger-Weiss, CEO von Gebrüder Weiss die Marktsituation für die Transportbranche trocken. 

Schienenpartnerschaft – Hemmschuh Personenverkehr 

Schienenpartnerschaft - Ch. Grasl: “Diese Schienenkooperation zeigt, dass dem Intermodalverkehr die Zukunft gehört.” (Foto: RS MEDIA WORLD archive)
Schienenpartnerschaft – Ch. Grasl: “Diese Schienenkooperation zeigt, dass dem Intermodalverkehr die Zukunft gehört.” (Foto: RS MEDIA WORLD archive)

Erschwerend für die Branche kommt hinzu, dass sich die politischen Strategien in Europa in Richtung des Öffentlichen Personenverkehrs (ÖPV) bewegen. Gerade die Priorisierung des Personenverkehrs erschwert jedoch die Nutzung der begrenzten Ressource “Schiene” für den Güterverkehr erheblich. Die Prognosen und Berechnungen des Institutes für Logistik und Transportwirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien von 2021 werden jetzt Realität. “Die Bahn-Kapazitäten für den Güterverkehr sind nahezu erschöpft”, bestätigt auch Ch. Grasl. “Deswegen werden sie heute eine Schienenpartnerschaft wie diese, welche die RCA mit Gebrüder Weiss vor 30 Jahren schloss, heute mangels Trassenkapazitäten in dieser Form nicht mehr zustande bringen”, erläutert der RCA-Manager einen Effekt.  

Nachgewiesen – Klimaziele des Verkehrsministeriums unrealistisch 

Statistisch gesehen bedeutet es aber auch, dass solche verkehrspolitischen Entscheidungen den Modal Split zugunsten des Straßengüterverkehrs verschieben. Fakt ist somit, dass sich das Ziel der österreichischen Bundesregierung, bis 2040 bis zu 40 Prozent des Güterverkehrs auf die Schiene zu bringen, nicht realisieren lässt (mehr hierzu auf blogistic.net zur Verkehrspolitik und seine Auswirkungen). 

Orange Combi Cargo – Erfolgsgeschichte einer Schienenpartnerschaft 

Schienenpartnerschaft – (v.l.) W. Senger-Weiss, Ch. Grasl (Foto: RS MEDIA WORLD archive)
Schienenpartnerschaft – (v.l.) W. Senger-Weiss, Ch. Grasl (Foto: RS MEDIA WORLD archive)

Dennoch freuen sich W. Senger-Weiss und Ch. Grasl über die 30-jährige Schienenpartnerschaft. Denn ein Meilenstein dieser Kooperation ist die sogenannte Orange Cobi Cargo (OCC). Es handelt sich dabei um einen seit 16 Jahren pendelnden Ganzzug zwischen Wien, Wels, Hall i.T. und Bludenz. Dieser Steht für eine stabile, umweltfreundliche Transportlösung innerhalb Österreichs. Transportiert werden hierbei in erster Linie Getränke, Lebensmittel, Drogerieartikel und Baustoffe. Diese Schienenpartnerschaft ersetzt nach Aussage von Gebrüder Weiss rund 60 Lkw-Fahrten pro Tag. Dadurch werden der Umwelt rund 9.000 Tonnen CO2-Emissionen erspart.”Der Orange Combi Cargo ist somit ein Paradebeispiel für unsere Schienenpartnerschaft”, weist Ch. Grasl auf die Vorzüge hin. Durch dem OCC habe man seit 2008 bis heute über 240.000 Lkw-Fahrten von der Straße auf die Schiene verlagert. 

Ch. Grasl – “Dem Intermodalverkehr gehört die Zukunft” 

“Unsere Schienenpartnerschaft ist aber auch ein Beispiel dafür, dass es keinen Sinn hat, den Lkw gegen die Schiene auszuspielen. Die Vorteile des Lkw liegen vor allem in seiner Flexibilität, während die Schiene ihre Vorteile auf der Langstrecke mit Ganzzügen ausspielt. Auf den Richtigen Mix kommt es an”, so W. Senger-Weiss. Für ihn als Spediteur ist es daher besonders wichtig, dass die Schienennetze möglichst stabil bleiben und es zu keinen Verzögerungen im Transport kommt. Schon geringe Verspätungen auf der Schiene machen sich in den Lieferketten danach teilweise erheblich bemerkbar. Im OCC funktioniere die Schienenpartnerschaft aber gut, bestätigt W. Senger-Weiss. “Diese Schienenpartnerschaft zeigt, dass dem Intermodalverkehr die Zukunft gehört”, bestätigt auch Ch. Grasl, allerdings mit dem Zusatz: ”…vor allem dann, wenn die Bahnnetze stabil bleiben.” Hier sieht er aber insbesondere in Deutschland und in Europa angesichts von Streiks und Baustellen noch Luft nach oben. 

Schienenpartnerschaft und Taurus-Taufe 

Schienenpartnerschaft – Die gemeinsam gestaltete Taurus-Lok wurde am 6. Mai getauft und tut seither in Zentraleuropa ihren Dienst. (Foto: RS MEDIA WORLD archive)
Schienenpartnerschaft – Die gemeinsam gestaltete Taurus-Lok wurde am 6. Mai getauft und tut seither in Zentraleuropa ihren Dienst. (Foto: RS MEDIA WORLD archive)

Anlässlich der 30-jährigen Schienenpartnerschaft zwischen Gebrüder Weiss und der RCA wurde die Taufe und offizielle Inbetriebnahme deiner gemeinsam gestalteten Taurus-Lokomotive auf den Namen “Europa” vorgenommen. Die Jubiläums-Log wird künftig auf den Strecken quer durch Zentral-Europa zum Einsatz kommen.  

Gebrüder Weiss in Kürze 

Gebrüder Weiss gilt als ältestes Transport- und Logistikunternehmen der Welt. Es agiert weltweit mit einem Netzwerk von 180 Standorten und 8.600 Mitarbeiter:innen. Der Hauptsitz liegt in Lauterach (Vorarlberg, Österreich). Das Unternehmen bietet umfassende Dienstleistungen für Land-, See- und Luftfracht an.Neben den Transport- und Logistikdienstleistungen engagieren sich die Österreicher:innen auch im Bereich Supply Chain und bieten digitale Dienstleistungen an. Im Geschäftsjahr 2023 erzielte Gebrüder Weiss einen Nettoumsatz von 2,47 Milliarden Euro. Obwohl dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist, liegt das Unternehmen immer noch über seinem Wachstumstrend von 2015 bis 2020. 

RCA in Kürze 

Die Rail Cargo Austria AG (RCA) ist Österreichs größtes Gütertransportunternehmen und Marktführer im österreichischen Schienenverkehr mit Sitz in Wien. Sie wurde am 1. Jänner 2005 als eigenständiges Unternehmen aus der Güterverkehr-Sparte der Österreichischen Bundesbahnen gegründet. Die RCA ist aber nicht nur in Österreich, sondern auch innerhalb der Europäischen Union mit einem Modalanteil der Schiene von 30,7 Prozent Spitzenreiter. Sie organisiert End-to-End-Logistiklösungen und ermöglicht den Gütertransport bis zum gewünschten Zielort. Mit einer Flotte von rund 26.000 Güterwaggons in 18 europäischen Ländern verfügt das Unternehmen über eine umfassende Transportinfrastruktur. Im vergangenen Jahr erzielten die Bahnlogistiker:innen einen Umsatz von rund 1,9 Milliarden Euro. Das ist etwas weniger als im Jahr 2022, in dem die rund 5.890 Mitarbeiter:innen rund 1,943 Milliarden Euro erwirtschafteten. 

 

gw-world.com | railcargo.com


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